Voigtländer
Vito BL
Meine erste Kamera war eine Voigtländer
Vito BL, die ich von meinem Vater geschenkt bekam, als ich nur zwölf Jahre alt
war. Er war ein wundervoller Mensch, der stets lieber verschenkte um andere zu
freuen als selbst etwas geschenkt zu bekommen. Er starb vor über zehn Jahren,
aber ich vermisse ihn noch.
Mein lebenslängliches Hobby startete an
einem Tag in Mai 1957, und ungeachtet, dass es nun 52 Jahre her ist, steht
genau dieser Tag noch völlig klar in meiner Erinnerung. Mein Vater kam abends mit
einem Paket nach Hause. Es war eine Kamera mit nach unten klappbarer
Bereitschaftstasche, und alles roch nach Leder. Er hätte die Kamera für sich
gekauft, sagte er, als er sie auspackte und mir zeigte.
Ich hielt sie vor die Augen und musterte sie. Eine ganz tolle Sache.
„Möchtest du sie vielleicht haben“, fragte er. Ob ich sie wollte.
“Da kannst du doch morgen nach der Schule zum Fotografen gehen (der Fotograf
war auch der Fotohändler der Kleinstadt, in der wir wohnten), und er wird dir erklären, wie du damit fotografierst“, sagte er.
Als ich mich am nächsten Nachmittag beim Fotografen eintraf, wusste ich, dass es nie die Absicht meines
Vaters gewesen wäre, die Kamera selbst zu verwenden. Er hatte sie gekauft um sie
mir zu schenken, falls ich dafür Interesse hätte.
Als ich nach einer Stunde davonging, hatte „der Fotograf“ mich die
Zusammenhänge zwischen Zeit und Blende gelehrt, er hatte über Tiefenschärfe
gesprochen und mir erklärt, wie ich die Kamera am besten halten solle, und mit
einem alten Film hatte ich mehrmals die Kamera mit Film geladen, „Bilder“
genommen und den Film zurück in die Kassette gespult und ihn wieder
hinausgenommen.
In der Kamera hatte ich beim Verlassen des Geschäfts einen Ferrania Color für Diapositive. Den gab es nur mit 20
Aufnahmen, und er war extrem langsam, 13 DIN, 16 ASA oder nun ISO entsprechend.
Es könnte doch noch langsamer vor sich gehen. Kodachrome hatte damals nur 11
DIN oder 10 ASA. Des folgenden Jahres kam ein neuer Ferrania auf den Markt, nun
fast doppelt so schnell, wie es in der Werbung hieß und mit stolzen 15 DIN/25
ASA auch richtig und ab dann auch mit 36 Aufnahmen in der Patrone erhältlich.
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Bis zu jenem Tag hatte ich nur zwei Fotos genommen, und beide im Sommer 1956, wo ich und meine Eltern im kleinen, noch
fast neuen Käfer zum Ersten Mal ins Ausland gefahren waren. Sie waren mit der
Vorkriegs Agfa Klappkamera meines Vaters entstanden und zeigten sich als
schwarzweise (natürlich) Kontaktkopien mit Büttenschnitt.
Beide Fotos waren mit
dem kaiserlichen Schloss in Goslar (Harz). Auf dem einen waren mein Vater und
meine Mutter im Vordergrund zu schauen, doch das Bild war verwackelt. Das
andere hatte nur das Schloss als Motiv, nun schärfer wenn auch mit schrägem
Horizont.
Die Agfa Klappkamera meines Vaters war von diesem Typ und für Rollfilm 120.
Die Agfa hatte nur
acht Fotos per Filmrolle gebracht, und hätte man beim Spulen des Films etwas Falsches
gemacht, dann schon weniger.
Voigtländer Vito BL mit 50 mm/3.5 Color-Skopar
Da war diese Vito BL doch viel vortschrittlicher. Bis zu 36 Aufnahmen schaffte sie auf einen Film zu bannen, und mit dem Spulen konnte nichts Falsches gemacht werden. Noch dazu hatte sie einen eingebauten Belichtungsmesser, und das war damals erst recht vortschrittlich.
Der Belichtungsmesser war von der Firma Bewi. Man drückte einen Knopf an der
Rückseite der Kamera, las oben Zeit und Blende ab und stellte die Werte an den fest
eingebauten Voigtländer Color-Skopar 50 mm/3.5 Objektiv ein.
Die Entfernung musste ich
schätzen, aber nur bis ich einen Entfernungsmesser bekam, den man in die
„Blitzschuhe“ der Kamera steckte. Er hatte einen eigenen Sucher, in dessen
Zentrum man ein hellrotes verstelltes Bild sah, bis man es mittels eines
Einstellrades zum genauen Überlappen des unterliegenden Bildes gebracht hatte. Danach stellte man die richtige Distanz beim Objektiv ein. Die Markieringen am Objektiv und Einstellerad des Entfernungsmesser waren völlig identisch.
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Die Rückseite des Voigtländer Entfernungsmessers.
Voigtländer Vitessa T
Ich behielt
nicht die Vito BL lange. Als Geschenk meiner Eltern in Verbindung mit meiner
Kommunion in Oktober 1958 wurde sie gegen eine Voigtländer Vitessa T
ausgetauscht. Sie war eine Sucherkamera
mit eingebauten Belichtungs- und Entfernungsmesser. Und noch dazu waren die
Objektive auswechselbar.
Wie bei fast allen deutschen Kameras war
die Vitessa mit einem Zentralverschluss ausgerüstet, und zwangsläufig war das
mögliche Brennweitebereich ziemlich begrenzt. Das 50 mm/2.8 Skopar Standardobjektiv
ließ sich nach unten mit einem 35 mm Weitwinkel ersetzen, und nach oben gab es
ein 100 mm wie später auch ein 135 mm. Für die Verwendung der Zusatzobjektive
musste ein Spezialsucher her. Der war aber echt universell und für alle
Brennweiten geeignet. Anderthalb Jahre später bekam ich das 135 mm/4.0
Dynaret. Die Voigtländer Vitessa T ist noch in
meinem Besitz. Der Verschluss funktioniert seit 30 Jahren nicht mehr, aber
abgesehen davon ist sie eine hochqualitative Kamera.
Vor gut fünf Jahren fand ich in einem Fotogeschäft in Köln eine alte Vito BL.
Sie war zu 99% identisch mit meiner allerersten Kamera, und ich kaufte sie
sofort.
Voigtländer Vitessa T mit 50/2.8 Color-Skopar. Der hohe Knopf war für den Filmtransport.
Der Vitessa mit dem 135 mm/4.0 Objektiv und dem Spezialsucher. Es war ein ganz kleines Objektiv. Zum Vergleichen ist links das 135mm/2.0 Nikkor AF DC gezeigt.
Ab 1958 verwendete ich Agfa Diapositivfilme, entweder den ostdeutschen, in Wolfen produzierten Agfa UT16 oder den westdeutschen CT18. Der UT16 war meiner Meinung nach der bessere. CT18 war sehr empfindlich gegen Überbelichtung.
Später kamen auch Perutz C18 und belgischer Gevacolor dazu.
Bis heute haben die Ferrania und Agfa-Filme die Farben recht gut erhalten, Perutz und besonders Gevacolor dagegen nicht.
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Sonstige Ausrüstung
Braun PA2. So sah mein erster Diaprojektor aus. Die Dias verklemmten sich leider oft.
Diapositive mussten an der Wand betrachtet werden, und dafür hatte ich einen Diaprojektor der Firma Braun. Er war einer der ersten, der Magazine für die Dias hatte. Braun hat längst den Foto- wie übrigens auch den Hi-Fi-Markt verlassen und konzentriert sich nunmehr auf Rasier- und Küchengeräte.
Marktführer wurde bald die Firma Liesegang, aber auch Kindermann, die andere Firma Braun, Carl Braun, und Leitz waren mit Projektoren lange erfolgreich.
Mit den langsamen Filmen kam man ohne Blitz kaum aus. Der Elektronblitz war zwar erfunden, aber sehr teuer.
Dafür gab es die Blitzlichtbirnen, blau für Tageslicht-Diapositivfilme und klar und etwas billiger für Schwarzweißfilme.
Fabnegativfilme gab es auch, doch Farbbilder waren sehr teuer. Das änderte sich erst nach 1963, als Kodak die Instamatic-Serie auf den Markt brachte und gleichzeitig die Herstellung von Farbbildern industrialisierte.
Ich hatte einen solchen Aufstechblitz der Firma Voigtländer.
Die Blitzlichtbirnen waren mit Magnesium-drähten und sauerstoffhaltigem Gas gefüllten Glaskolben, die nur einmal verwendet werden konnten.
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